Sonntag. Nach einer harten Woche liege ich im Bett und schlafe das erste Mal mit einem Wecker nach 8 Uhr. Aber der kommt gar nicht erst zum Einsatz, denn als ich meine Augen aufmache stehen Max und Miriam neben mir am Bett und ich bekomme einen Teller Rührei gereicht, „nach Opa Mannis Art“ und eine Tasse Kaffe… Mmmmh! Lecker!

Und dann kommt es noch besser: Max ist extra aufgestanden, hat sich um Dinge gekümmert, die für seine Gesundheit wichtig sind, alles andere ist auch schon vorbereitet. Denn: heute geht es zu Charlie. Und zu Steffi und zu Vincent. Die kennt Max alle zwar noch nicht, aber wir – in dem Fall Franziska, Max und meine Wenigkeit – werden uns heute zu dem geselligen Haufen am Rande des Sauerlandes begeben und einige gemeinsame Dinge tun. Angedacht sind eine schöne weitere, große Tasse Kaffee für die Großen und dann eine ausgedehnte Geocaching-Runde. Klingt vielversprechend!

Also, alle ins Auto, und schnell ein kleine Unterwegs-Ration eingepackt, denn ich habe so ca. 3 Stunden eingeplant. Aber ist ja klar. Wenn ich was zeitlich plane…

Und schon geht’s los, Richtung Meinerzhagen, irgendwo in den Outback. Auf dem Weg ist die Stimmung gut, wird kurz getrübt, als es in Wegeringhausen einmal kurz rot aufblitzt. Mist. War jetzt nicht viel drüber, aber das Geld hätten wir lieber zusammen im Affen- und Vogelpark in Eckenhagen ausgegeben.

Erstes Kennenlernen

Wie auch immer: gerade angekommen mitten irgendwo im nirgendwo ist schon das Kennenlernen im Gange. Die beiden Jungs Max und Vinzent sind quasi schon verschwunden, beschnuppern sich gegenseitig und spielen mit den bereitliegenden Nerf-Pistolen. Ich sitze mit Franzi unten bei Charlie und Steffi sowie den 6 Katzen und geniesse die gute Stimmung. Der Kaffee schmeckt hervorragend, hat laut Hersteller angeblich eine Mango-Note, die ich aber nicht feststellen kann. Egal. Entspannung stellt sich ein! Draussen bollert der Ofen, heimliche Hoffnung, dass es als Smokereinsatz geplant ist, aber es ist einfach nur tatsächlich recht frisch draussen. Der Duft von frisch verbrannten Holz schwängert die Luft, ich habe das Gefühl in Serbien bei meinen Großeltern zu sein. Urlaubsstimmung kommt nun hinzu!

Die Kinder verlagern sich selbstständig von drinnen nach draussen, denn da steht schon eine tolle Rutsche bereit. Und Max kümmert sich wirklich ganz schön toll um seine kleine Schwester. Naja, ist ja auch kein Trampolin, wo er auf sie besonders acht geben muss 🙂 Aber man merkt langsam, der Wunsch auf den Weg zu gehen wird immer größer. Und da Steffi auch irgendwie keine große Lust hat, sich die Beine zu vertreten beginnen wir nach einem gemeinsamen Aufwärm-Cache im Dorf Haustadt unsere große Geocachingrunde. Mit der Besetzung reicht der Langnasenhirsch als Cachingmobil und wir fahren los. Die Kinder sitzen hinten und bestaunen die Gegend. Ja, wir hier im Zwischenbereich von Oberberg und Sauerland leben wirklich da, wo andere Urlaub machen!

Zuerst heisst es noch 2 Caches mitnehmen, die Team Mau – so der Name von den Cachinggastgeber – bereits schon im Sack hat. Aber super zum Aufwärmen. Und direkt schon etwas besonderes dabei: ein ausrangierter Minigolfplatz verzaubert uns alle, und der Cache lässt nicht lange auf sich warten. Ich staune im Übrigen, was für eine Treffsicherheit Max beim heben jedes Geocaches an den Tag legt. Bin ein klein wenig neidisch, lasse mir aber nichts anmerken.

Der Multicache – es geht endlich los!

Dann geht es weiter an die Bigge, so wird der Biggesee hier liebevoll genannt. Das Cachingmobil wird geparkt, der Kinderwagen präpariert Nahrung, Taschentüchern und Jacken. Der Rucksack von Charlie wird mit Getränken bepackt und ab geht es in einen schon länger angedachten Multicache. Es handelt sich um folgenden – und alle, die den noch machen wollen sollten ggf. nicht groß weiterschauen bzw. weiterlesen, um sich nicht selber groß zu spoilern!

Die erste Station ist eine kleine Kapelle im Wald. Und das ist verrückt: anstatt verdrehter Augen bei allen Angehörigen interessiertes „Oh“ und „Ah“ in aller Munde. Charlie und ich bewundern die bunten Steine am Vorplatz, die Kinder entern die Kapelle nach einer kleinen Einweisung über ruhiges und angebrachtes Verhalten in solchen Räumlichkeiten. Und das geht erstaunlich gut. Auch klein Franziska staunt, als es in den schönen Innenraum geht. Und da fallen uns schon die ganzen Kerzen auf die brennen. Diese Kapelle ist ein Wallfahrtsort. Und anscheinend nicht der unbeliebteste. Wir treffen einige Menschen, viele Kinder, viele alte Menschen. Aber alle sind beseelt, wir haben kurze Gespräche, eine gute Einstimmung auf den weiteren Weg! Und nach dem ersten mathematischen Rätsel haben wir die Koordinaten für die nächste Multicache-Station. Am Ufer der Biggi geht es weiter, und die Jungs laufen, rennen, lachen. Franzi bestaunt das Wasser, und die beiden alten Böcke unterhalten sich.

Nach dem zweiten Rätsel geht es dann hoch, durch den Wald. Und da erstaunt uns alle mal wieder die kleine Franziska. Denn sie führt das Feld nach oben an, mit bestimmten kleinen Schritten marschiert sie nach oben. Man kann einfach nur staunen. Irgendwann aber kommt sie zurück in den Kinderwagen, der nun das mobile Cachingmobil getauft worden ist. Und es geht immer weiter nach oben. Ein paar Hindernisse werden gemeinsam überwunden, sprich: der Kinderwagen wird unter ein paar umgestürzten Bäumen oder aber auch über sie hinweg getragen. In dem Moment zwar etwas anstrengend, aber ein noch stärkeres Gemeinschaftsgefühl kommt auf. Welches sich nochmal verstärkt, als wir alle auf einmal vor dem Highlight der Tour stehen: die Burgruine Waldenburg stehen. Jetzt im Nachhinein habe ich erfahren: „Die Burgruine Waldenburg ist das älteste nicht-sakrale Baudenkmal im Kreis Olpe. Sie liegt oberhalb der Waldenburger Kapelle und des Biggesees. Zur Burg gelangt man über die asphaltierte Straße in Richtung Bürberg. Nach etwa 300 m führt ein Waldweg über die Burggräben zur Ruine.“ (Quelle: Sauerland.com, 15.7.2019)

So oder so wird das Bauwerk okkupiert, das Gelände erkundet und viel gestaunt. Besonders die Aussicht auf den Biggesee haut alle um. Und natürlich wird das letzte Rätsel gelöst. Jetzt wird es spannend: die letzten Koordinaten sind nicht fest, wie bei den anderen Rätseln. Es muss gepeilt werden, und eine Strecke von 160 Metern muss quasi geschätzt und abgegangen werden – denn da befindet sich der heilige Gral, die (hoffentlich) vollbestückte Dose, mit dem Logbuch, das Ziel eines jeden Geocachers! Man merkt, die Aufregung bei den Jungs steigt. Bei mir allerdings: naja, so ohne feste Koordinaten? Schätzen? Das ist ja so, als wenn ich Zeiten abschätzen müsste 😀

Aber zum Glück ist Charlie, wie sich dann rausstellt, gelernter Vermessungstechniker. Und etwas weiteres stellt sich raus: trotz unterschiedlicher Höhenmeter, Kurven, Wald etc. stehen wir dann keine 5 Meter weg vom Final-Cache. Chapeau, muss ich da nochmals im Nachgang sagen! Auch hier zeigt Max wieder das Näschen und birgt zusammen mit Vinzent den Cache. Was für eine Belohnung nach dem ganzen Spaziergang! Wir sind bereits eine Stunde und 45 Minuten unterwegs nur für diese Runde.
Die Dose wird begutachtet, es wird getraded, das Logbuch bestückt und über eine asphaltierte Straße geht es wieder zurück zum Langnasenhirsch.

Rückweg und beseelende Ereignisse

Auf dem Weg dahin kommen wir nochmal an der Kapelle vorbei. Und irgendwie zieht es alle wieder dahin. Es ist bereits etwas dunkler geworden, und drinnen sind noch mehr Kerzen entzündet worden. Wir gehen diesmal alle gemeinsam in das Gebäude. Und irgendwie ist allen klar, was zu tun ist. Eine Woche zuvor habe ich Charlies Mama, Lydia, beerdigt. Das ist noch recht frisch. Und meine Mama Ljiljana hätte heute eigentlich ihren 70sten Geburtstag gehabt. Und so entzünden wir alle 4 Kerzen. Charly und Vincent für Oma Lydia. Max, Franziska und ich für Oma Lilli. Und da erzähle ich der Franziska, dass ihr Zweitname zwar umgeschrieben, aber eine Hommage an ihre Oma ist.

Wieder erstaunt mich Max. Er hat plötzlich das Bedürfnis zu beten. Und das macht er. Franziska staunt etwas, aber ok. Und dann sagt er uns, was er gebetet hat. Und alle sind auf einmal sehr gerührt. Denn es sind bewegende Worte. Für seine Oma, die er nie kennengelernt hat. Wohlbedachte Worte. Keine Plattitüden. Keine „das sagt man so, weil sich das gehört“. Es kommt von ihm. Es ist wunderschön. Und auch Vinzent spürt die Verbindung zu seiner Oma. Mensch, werde ich auf meine alten Tage noch sentimentaler, als ich es bereits schon bin? Wir verlassen die Kapelle, und es fühlt sich alles rund an.

Nun heisst es die beiden Gastgeber nach Hause bringen. Auf dem Weg zum letzten sogenannten Drive-In Cache schläft dann Franziska ein. Kein Wunder, sie ist den ganzen Tag auf den Beinen, ist total integriert mit den beiden Jungs und die ganze Zeit an der frischen Luft. Und voll mit Tuc Keksen sind wir alle. Denn die haben neben den Pfirsichen irgendwie am Besten geschmeckt 🙂

Heimreise und Ausklang eines runden Tages

Auf dem Rückweg dann sitzt Familie Ahman wieder im Auto. Wir geben Miriam Bescheid, dass wir quasi im Anflug sind. Und hören nochmal, genau wie auf dem Rückweg, die Seeed Neuinterpretation des Songs „Wonderful Life“ von Black aus dem Jahre 1986. Und Max versucht den Text zu verstehen. Ich übersetze für ihn. Und eigentlich ist es ja sarkastisch gemeint. Wie schön das Leben alleine ist. Aber Max interpretiert es für sich halt so: „es lohnt sich nicht vor allem wegzurennen und sich zu verstecken. Das Leben ist schön“. Und auf einmal wallt auch bei mir dieses Gefühl auf. Ja, das Leben ist schön. Wir hören den Song noch 3 Mal und singen laut mit. Aber natürlich nicht so laut, dass Franziska aufwachen könnte 🙂 Zu Hause dann wird schnell die 7″ Single Vinyl von Black – Wonderful Life aufgelegt. Max findet die Version von Seeed wesentlich besser, ich aber feiere das Original- Ding hart.

Danach wird Miriam abgeholt und es geht auf einen leckeren Rinderbraten zu ihren Eltern. Und das tut gut. Im Kreise der liebsten zusammen zu essen und zu erzählen. Und nochmal muss ich an Mama denken. Sie hat öfter mal Rinderbraten gemacht. So oft, dass es „nichts besonderes“ war. Was gäbe ich jetzt, noch einmal so einen Braten von ihr zu essen. Aber ich freue mich einfach, dass ich nach wie vor so schöne Assoziationen habe, besonders beim Essen 🙂

Zum Tagesabschluss versammeln wir uns alle im Schlafzimmer und schauen „Chicken Run“. Ein Familienfilm, passend zum Grundtenor des Tages: it’s a wonderful life. Es lohnt sich dran zu bleiben!

Soundtrack des Tages:

Text „Wonderful Life“ von Black / Seed

Here I go out to see again
The sunshine fills my hair and dreams hang in the air
Gulls in the sky and in my blue eyes
You know it feels unfair, there’s magic everywhere

Look at me standing here on my own again, up straight in the sunshine

No need to run and hide, it’s a wonderful, wonderful life
No need to laugh or cry, it’s a wonderful, wonderful life

The sun’s in your eyes, the heat is in your hair
They seem to hate you because you’re there
And I need a friend, oh, I need a friend
To make me happy, not stand there on my own

Look at me standing here on my own again, up straight in the sunshine


No need to run and hide, it’s a wonderful, wonderful life
No need to laugh or cry, it’s a wonderful, wonderful life

It’s a wonderful life – Geocaching und mehr im Sauerland

von Martin Lesedauer ca. 8 min